Keiner möchte von anderen beherrscht werden

Keiner möchte von anderen beherrscht werden Koalition - Verhandeln - Macht

In den letzten Wochen stehen die Verhandlungsaktivitäten der möglichen Ampelkoalition im Fokus der Öffentlichkeit. Dabei herrscht ein großes Staunen über die Disziplin der verhandelnden Akteure (nur wenig Vertrauliches dringt nach außen) und auch über den Rahmen, den sie sich geben: 18 Uhr ist Schluss mit Verhandeln, am nächsten Morgen geht’s weiter. Auf sich bis in die Morgenstunden hinziehende Verhandlungsrunden wird verzichtet.

Für mich am erstaunlichsten und erfreulichsten zugleich war, dass sich zunächst die beiden kleineren möglichen Koalitionäre zu Gesprächen verabredeten und damit der SPD das Heft des Handelns aus der Hand nahmen. Von vornherein war damit klar, dass sich keine der 2 kleineren Koalitionäre dem größeren, nämlich der SPD, unterordnen würden. Das hatten wir so in der BRD noch nicht erlebt. Logo. Bis dahin gab es keine 3er-Koalition. Dennoch hat es mich überrascht.

Erfreut hat es mich, weil sich damit eine (alte) Theorie bestätigt hat, die mir im Rahmen meiner Dissertation begegnet ist: Theodore Caplows Theorie der Koalitionen in Triaden, veröffentlicht 1956.

„Caplow sieht in dem Bedürfnis, andere zu beherrschen und selbst nicht beherrscht zu werden, ein Kriterium für die Koalitionsbildung. Treffen zwei gleich starke Personen mit einem schwächeren zusammen, dann werden beide versuchen, die schwächere Personen auf ihre Seite zu ziehen. Anders wenn zwei gleich Schwache mit einem Starken zu tun haben. In diesem Fall werden sie sich gegenüber dem stärkeren zusammenschließen, um einer Beherrschung zu entgehen.“ (Zitat aus Crott, H. 1979)

Voilà – und genau das sehen wir gerade. Und damit bewahrheitet sich das Kurt Lewin Zitat: „Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie“ einmal mehr 😊